Brade und Winklers Kleisterrezepte

Dieses Buch hat gerade eben (leider nur im Faksimile Nachdruck) meine Hände erreicht:

Ludwig Brade und Dr. Emil Winkler, Das illustrierte Buchbinderbuch, Leipzig 1860.

Das Exemplar, das ich habe, ist fadengeheftet, in Leinen gebunden, das Papier fällt schön zur Seite, das Buch liegt ordentlich offen – schön! Noch ist es viel zu früh, mehr über den Inhalt zu sagen. Aber es ist natürlich ein Klassiker. Und schon beim Durchblättern habe ich mich hier und da gefreut, unter anderem über eine Vielzahl von Rezepten, zum Beispiel für verschiedene Tinten. Den Teil über die Zubereitung des Kleisters, werde ich hier mal gleich vorstellen.

This book (a faksimile reprint, the original would have been nicer of course, but, well) reached my hands only minutes ago:

Ludwig Brade and Dr. Emil Winkler, Das illustrierte Buchbinderbuch, Leipzig 1860.

Although it is of course too early to say much about the content, I am already more than pleased with leafing through it. And so I decided to share one small part of it immediately with you: The part about paste!

Ich zitiere direkt aus dem Anhang (allerdings in heutiger Schreibung):

Erste Vorschrift: Die Bereitung des gewöhnlichen Kleisters.

Eine beliebige Gewichtsmenge guter Stärke aus Weizenmehl wird in einer Schüssel oder einem Topfe mit kaltem Wasser übergossen, so dass sich damit die Masse zu einem dicken Brei anrühren lässt. Zu dieser Masse gießt man unter fortwährendem Umrühren kochendes Wasser, bis die einzelnen Stärketeile von demselben gebrüht zu einer dicken Masse quellen. Danach kann man mit dem Umrühren noch einige Zeit fortfahren und der besseren Erhaltung des Kleisters wegen bei längerer Aufbewahrung etwas gestoßenen Alaun zusetzen, den man gehörig einrührt. Ist der Kleister nach dem Brühen sehr knollig geworden, so kann man ihn durch ein Tuch drücken, wodurch diesem Übelstand abgeholfen wird. Kartoffelstärkemehl soll man aber nie zur Bereitung des Kleisters anwenden, indem sie geringe Bindekraft besitzt und der daraus bereitete Kleistig wässerig wird. Setzt man dem Wasser, womit der Kleister gebrüht werden soll, etwas gepulverte Coloquintenäpfel, oder gepulvertes Wermuthkraut zu, so schützen diese Ingredienzien den Kleister vor Insekten. Man wendet solchen Kleister namentlich bei Lederbänden vorteilhaft an.

Zweite Vorschrift: Zubereitung des Kleisters aus Kartoffeln

Man wäscht 1 Pfund Kartoffeln rein ab und reibt dieselben auf einem Reibeisen fein, dann schüttet man 3 Pfund Wasser hinzu und läßt die Mischung etwa 2 Minuten lang unter immerwährendem Umrühren kochen, darauf schüttet man noch 1-2 Loth pulverisierten Alaun hinzu, während man die Masse gehörig umrührt.

Dritte Vorschrift: Bereitung eines anderen Kleisters

Man weicht 2 Loth Leim in 16 Loth Essig auf und schüttet während des Kochens soviel Weizenmehl hinzu, bis die Masse kleisterartig dick wird.

Vierte Vorschrift: Bereitung des Kleisters aus Rosskastanien zu gewöhnlichen Arbeiten

Zu diesem Zweck schält man die Rosskastanien und trocknet sie am Feuer. Ist dies geschehen, so pulverisiert man dieselben, mischt dieses Pulver zur Hälfte oder zum driten Teil mit gewöhnlichem Mehl und bereitet dann, wie bereits oben angegeben, Kleister daraus.

Fünfte Vorschrift: Schleim von arabischen Gummi als Bindemittel

Man löst eine beliebige Quantität vom besten arabischen Gummi in der erforderlichen Menge kalten Wassers auf und drückt diesen Schleim durch ein reines Tuch. Man kann diese Auflösung je nach Bedürfnis stark oder schwach anfertigen, indem man mehr oder weniger Wasser dabei anwendet.

Man findet den gesamten Text (einer anderen Ausgabe, als der die ich habe) auch auf den Google Servern. Antiquarische Ausgaben findet man hier, und hier habe ich meines bestellt. Wie gesagt, es gibt einen Haufen mehr solcher Rezepte zu verschiedenen Themen. Vor allem beschäftigt sich das Buch aber natürlich mit dem Buchbinden selbst. Ich freue mich schon drauf, mehr aus dem Inhalt zu entdecken. – Wenn mir was Bemerkenswertes unter die Finger kommt, werde ich natürlich davon berichten!

O.k., I’ll try my best to translate this part, which can be found in the first part of the appendix:

First Direction: How to make common paste

Take an arbitrary amount of fine wheat starch and put it into a bowl or a pot. Cover it with cold water and stir in the starch, making a thick porridge. Add then boiling water until all parts of the starch thicken to a smooth mass. You may keep stirring a little while longer. To better preserve it you can add alum which gets stirred in thoroughly. If the paste has too many lumps in it, you can press is through a piece of cloth which removes this ill state. Do not use potato starch to make paste, because it does not stick well and gets watery. If you add pulverized coloquintidae to the hot water that makes the paste, or pulverized vermouth plant, this helps protect the paste from insects. This kind of paste is especially good to use for full leather bindings.

Second Direction: Making paste from potatoes

Rinse 1 pound of potatoes and rasp it finely, then add 3 pounds of water. Stirring constantly let it cook for about two minutes, then add 1/2 loth of alum (an ancient German measure, about 1/30 of a pound). Keep stirring.

Third Direction: Making of another paste

Solve 2 loth glue in 16 loth vinigar, and while you cook it, add wheat flour until the mass looks like paste.

Forth Direction: Making paste from horse chestnuts for common works

Remove the shells of the chestnuts und dry them at your fireplace. Then grind them to a pulver and blend with wheat flour, making a mixture of about 1:1 or 2:1 of chestnuts to flour. Then cook paste with the resulting flour as specified in direction 1.

Fifth Direction: Making paste from arabic gum

Solve an arbitrary quantity of the best Arabic gum in an approriate amount of cold water. Press the resulting slime through a clean piece of cloth. You can make the solution more or less strong, as it suits your needs.

If you feel fit to read German (in German print) you can head over to the google servers which have the complete text of an extended edition. The book features a lot more recipes on glues, inks, and whatnot. And of course it describes a bunch of bookbinding techniques. I am looking foward to discovering more now!

8 replies on “Brade und Winklers Kleisterrezepte”

  1. Habe dieses Faksimile sowie die original Ausgabe… Papier beim Original ist ziemlich brüchig… Faksimile ist da viel besser.

    Dieses Buch hat gerade eben (leider nur im Faksimile Nachdruck) meine Hände erreicht || This book (a faksimile reprint, the original would have been nicer of course, but, well) reached my hands only minutes ago

  2. Lovely! My mother made paste as per #1 for all my scrapbooks when I was a child and my father hung all our wallpaper with same. I think he did add something as insect/mould deterrent, but I forget what. Alum, maybe?
    You will have fun with this buch, Hilke!

  3. @Peter Verheyen: Ah, gut zu wissen, dass ich nur am sentimentalen Wert gespart habe.

    @dinahmow: I learned to cook the paste for a while. My other book on bookbinding instructs me to just add boiling water and wait. I wonder whether this is an old way to make paste, or maybe the way it was taught in Germany. Where did your mother learn to make paste?

  4. I made paste #1 a lifetime ago when I was a preschool teacher. I’m not sure now but I think we put a splash of detergent into the mix to help keep it. I still find it the best way to go but I don’t add anything to it. When I’m lazy I buy paste but that’s just not economical. Now I’ve admitted to being lazy and old…

  5. My mother probably learned from her mother! Also, this was just after World War II and we lived in a very remote area with no shops so perhaps people just experimented.
    I do know that we never cooked this paste; stirring in boiling water was enough to make it smooth. If, the next day, it was stiff, Mother would stand it over hot water (like bain marie) and stir for a moment.

    1. Mhm, so you think that making paste like this is just more obvious? (“people experimented”) – I find it interesting how and why different traditions of making something are established. Probably I was too fast with thinking this might be German. – Was just an idea I had because this is how the instructions are in the only two German books I had, and differs from what I learned on the internet. Plus both are older book. But also the idea that this might be an older way of making paste was just an idea, not a claim.

      And I am still curious. Do people still make paste like that? Does it make equally good paste? Do people all over the world make paste like that, or is this a German tradition that was maybe exported by immigrants?

  6. Rein aus Neu-Gier habe ich meinem gekochten Standard-Tässchen (Aldi-) Weizenmehlkleister, weil ich keine getrockneten, gemahlenen Rosskastanien hatte, 50% Eßkastanienmehl untergemischt. O.k., pappt wie immer, ist halt nicht mehr farblos sondern leicht moccafarben und schmeckt besser. 😀
    IMHO: Das Rosskastanien-Rezept stammt aus der Zeit, als die Handwerker noch mit dem (halben) Pfennig rechnen mussten. Mehl kostete Geld, Kastanien nicht. So erkläre ich mir das.

    1. Interessant, dass du das mal ausprobiert hast. Ich denke auch, dass das mit Sparsamkeit zu tun hat. Ausser der Geld Ersparnis, ist die Tatsache, dass man dabei nicht Lebensmittel vernichtet, in Zeiten, in denen Lebensmittel vielleicht knapp sind, ja auch attraktiv.

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